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AutorenbildRenke Schulz

Einweihungsparty, Teil 2



Moin moin.

Da wären wir nun also. Bisher wurde alles vorbereitet und nun kann es endlich mit der Einweihungsparty losgehen.

Doch was passiert nun eigentlich genau?

Ich habe mich ab und zu gefragt, ob ich es anders erlebt und wahrgenommen hätte, wenn ich gewusst hätte, was passieren wird. Ich glaube, die Unwissenheit besitzt in solchen Fällen eine ganz starke Wirkung.

Zum Beispiel könnte man sich überlegen, wie so eine Einweihungszeremonie startet.

Eine Rede?

Ein Begrüßung durch den Ortsvorsteher?

Ein Anstoßen mit Gläsern?

Ein Hupkonzert der Nachbarn?


Oder man macht sich einfach keine Gedanken, weil man es sich sowieso nicht ausmalen kann:

Ganz traditionell mussten wir damit beginnen, indem wir um das Haus herumgehen, währenddessen wurde gesungen und kreischende Laute gemacht. Es erinnerte mich ein bisschen an einen Kindergeburtstag, als man als Indianer um einen Marterpfahl tanzte.



Nur sind wir keine Kinder mehr, und jeder muss Opfer bringen....


Nach drei Runden sind wir ins Haus eingetreten, und im 1. Stock mussten wir uns gemeinsam vor allen hinknien, den Schrein und damit unser Schicksal fest im Blick.

Sowohl links als auch rechts von uns saßen die Oberhäupter, die mit kräftiger Stimme Verse aufsagten und uns dabei farblich markierten.

Hinter uns füllte sich der Raum mit immer mehr Dorfbewohnern, die alle an der Zeremonie teilnehmen wollten, bereit, mit zusätzlichen Gaben ihr eigenes Seelenheil aufzubessern.


Nun wurden unsere Hände ergriffen und mit mehreren gelben Bändern sehr fest aneinander gebunden. Die Gebete wurden immer lauter, und immer mehr Leute stimmten mit ein. Die Hektik hinter uns war merklich spürbar und durch immer mehr Geraschel und schweren Atem näherkommend.


Um es einfach auszudrücken:

Ich war der Situation komplett ausgeliefert. Und selbst wenn jemand vorher gewusst hätte was passieren wird, niemand hätte einen darauf vorbereiten können...


...oder sagen wir eher sollen.


So ahnungslos wie ich war, blieb mir nichts anderes übrig, als alles absolut unvoreingenommen auf mich einwirken zu lassen.

Durch das Nichtwissen was passieren wird, und der Entscheidung sich den Geschehnissen unvoreingenommen hinzugeben, entfaltete sich ein Moment der inneren Freiheit.

Die nackten Eindrücke einfach als eben solche aufsaugen zu können, ohne die Situation zu verstehen oder einordnen zu müssen, resultierte in einem kribbelnden Gefühl der schlichten sowie reinen Freude.

Das Hinknien wurde zur dankenden Geste, der Schrein zum Kunstwerk.

Die Oberhäupter wurden zu Vorsängern und Verse zu Liedern.

Das Markieren war eine persönliche Segnung, und aus Dorfbewohnern wurden Familienangehörige und Freunde.

Das hektische Rascheln löste sich in einem Blütenregen über unseren Köpfen auf, und mit jedem zusätzlichen Band wurden weitere Glückwünsche mit uns verbunden.



Die zusätzlichen Gaben waren auch an uns persönlich gerichtet, und so holte mich die Cousine x-ten Grades wieder komplett ins Geschehen zurück.


Vorgebeugt und meine Hand haltend, um ein weiteres gelbes Band daran zu binden, schrie sie mir ins Ohr: “BIG MONEY. BIG MONEY.”

Und legte mir einen Schein in die Handfläche.


Equivalenter Wert in Euro: 50 Cent.


Auch ihr wird man sich später dankbar gegenüber zeigen.



Nachdem alle ihre Glückwünsche aufgesagt haben, wurde das Buffet eröffnet, und man wanderte von Tisch zu Tisch, um alle zu begrüßen.


Dann mit der Ankunft der Mönche wiederholte sich das ganze Spektakel mit ein paar Änderungen:


Es hatte nicht den gleichen Charme wie die vorherige familiäre Variante des Schauspiels. Es war sehr viel zeremonieller und erhabener. Um ehrlich zu sein, man fühlte sich schon sehr besonders.

  • Es hatte alles einen strukturierteren Ablauf, und auch wenn man nicht wusste, wann es vorbei sein würde, konnte man erahnen, welche Kerze als nächstes angezündet oder wohin das weiße Garn wandern wird.

  • Auch wenn ich wieder kein Wort verstand, schienen die Lieder einem Ablauf zu folgen, und auch wann welcher Mönch einsetze oder lauter wurde, schien abgestimmt zu sein.

  • Diesmal war es meine Aufgabe zu den Mönchen "bIg money" zu sagen, wobei vergleichen zu vorher, wäre es eher "super big big money".

  • Anstatt von uns Bilder zu machen, überprüften die Mönche doch lieber ihre eigenen Nachrichten auf ihrem Handy.

  • Wir liefen nicht um das Haus herum, sondern wanderten drinnen von Raum zu Raum. Dem ältesten Mönch gebührte am Ende die Aufgabe, das Haus einzuweihen und die Schriftzeichen an den Türen anzubringen. Dass er nahezu blind war, war dabei keine Herausforderung, gab es ja einen neuen Novizen in der Gemeinde, der ihm alles anreichen und halten durfte.



Und damit war der offizielle Teil auch abgeschlossen und die Party konnte beginnen.


Auch das ist wortwörtlich gemeint, denn es ist einfach, das Musikauto einmal selbst auf unser Grundstück zu fahren.


Das Musikauto...

In den Vorgarten…

Einfach so...


Und Musikauto bedeutete nicht ein Van oder aufgemotzter Pick up mit übersteuerter Musikanlage, sondern ein Doppeldecker-Bus mit ausklappbarer Bühne und 10 Köpfiger Garagen-Band.


In den Vorgarten…

Einfach so…



Plötzlich hatte sich auch die Partygesellschaft verdreifacht, und viele ließen sich von der Musik hinreißen und fingen an zu tanzen.


Der thailändische Tanzstil zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es keinen Stil gibt. Sondern alles, was wackeln kann, soll gewackelt werden.

Und “alles’ meint auch wirklich alles, um an dieser Stelle jegliche Fragen und Vorstellungen direkt zu beantworten.


Alles.


Und so wusste ich das erste Mal an diesem Tag, was passieren wird:

Hemmung ablegen und anfangen zu wackeln,

und ja, ich kann wackeln.


Alles wackeln.


Ab dem Moment habe ich die Herzen des ganzen Dorfes gewonnen, zum Leidwesen der aufgeschlagenen Dorfjugend, die wohl etwas überrascht war, dass ihnen ein 30 Jähriger Weißer die Tanz-Show stiehlt.



Wie bei Partys üblich, fällt es einigen Menschen schwer, ein Ende zu finden; dabei waren wir seit 4 Uhr morgens auf den Beinen.

So ging auch diese Feierlichkeit bis weit, sehr weit nach dem Sonnenuntergang weiter.


Gegen 21 Uhr war Schluss.


Es verabschiedeten sich dann die letzten Gäste, und alle übrigen begannen mit dem Aufräumen.

Die vielleicht dankbarste Idee, denn so konnte man am nächsten Tag das neue Eigenheim nach dem Aufstehen in sauberer Pracht bewundern.


Eigenheim Thailand

Abschließend kann man zu mir nach einem Monat in Thailand sagen:


Willkommen zurück,

Willkommen zu Hause.


Mit heimischen Grüßen,

Renke


P.s.: So ein Video von diesem Tag würde das alles irgendwie noch anschaulicher darstellen.

Also schau doch einfach hier vorbei: https://www.youtube.com/watch?v=VqtdZXVe7LY




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